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Mehrwertsteuer in Europa: Steuersätze-Vergleich nach Ländern

6. Juni 2025 von Raphael C.Gesetzgebung

Karte Europas mit Steuersymbolen

Mehrwertsteuer in Europa: Steuersätze-Vergleich nach Ländern

Die Mehrwertsteuer (MwSt) ist auf europäischer Ebene harmonisiert, doch jedes Mitgliedsland der Europäischen Union behält eine gewisse Flexibilität bei der Festlegung seiner Steuersätze. Diese Vielfalt kann Herausforderungen für Unternehmen schaffen, die in mehreren europäischen Ländern tätig sind, und beeinflusst grenzüberschreitende Handelsstrategien.

Überblick über die europäische Mehrwertsteuer

Seit 1993 hat die Europäische Union ein harmonisiertes MwSt-System auf Basis der MwSt-Richtlinie 2006/112/EG eingeführt. Diese Richtlinie legt gemeinsame Regeln fest und ermöglicht es den Mitgliedstaaten gleichzeitig, bestimmte Aspekte an ihre nationalen Besonderheiten anzupassen.

Grundlegende Prinzipien

Das europäische MwSt-System basiert auf mehreren Schlüsselprinzipien:

  • Obligatorischer Mindestsatz: 15% für den Regelsteuersatz
  • Zugelassene ermäßigte Sätze: Mindestens 5% auf bestimmte Waren und Dienstleistungen
  • Bestimmungslandprinzip: Die MwSt ist im Verbrauchsland zu entrichten
  • Vorsteuerabzug: Unternehmen können die auf ihre Einkäufe gezahlte MwSt abziehen

Vergleichstabelle der MwSt-Sätze nach Ländern

Regelsteuersätze der Mehrwertsteuer in Europa (2025)

LandRegelsteuersatzErmäßigter HauptsatzSuper-ermäßigter Satz
Deutschland19%7%-
Österreich20%10% / 13%-
Belgien21%6% / 12%-
Bulgarien20%9%-
Zypern19%5% / 9%-
Kroatien25%5% / 13%-
Dänemark25%--
Spanien21%10%4%
Estland20%9%-
Finnland24%10% / 14%-
Frankreich20%5,5% / 10%2,1%
Griechenland24%6% / 13%-
Ungarn27%5% / 18%-
Irland23%9% / 13,5%4,8%
Italien22%5% / 10%4%
Lettland21%5% / 12%-
Litauen21%5% / 9%-
Luxemburg17%8% / 14%3%
Malta18%5% / 7%-
Niederlande21%9%-
Polen23%5% / 8%-
Portugal23%6% / 13%-
Tschechische Rep.21%10% / 15%-
Rumänien19%5% / 9%-
Slowakei20%10%-
Slowenien22%5% / 9,5%-
Schweden25%6% / 12%-

Analyse der europäischen Unterschiede

Die höchsten Steuersätze

Ungarn hält den Rekord mit 27% Regelsteuersatz, gefolgt von Kroatien, Dänemark und Schweden mit 25%. Diese hohen Sätze erklären sich oft durch:

  • Entwickelte Sozialschutzsysteme
  • Niedrigere direkte Besteuerung
  • Spezifische Haushaltspolitiken

Die vorteilhaftesten Steuersätze

Luxemburg bietet den niedrigsten Regelsteuersatz mit 17%, gefolgt von Malta (18%) und Deutschland (19%). Diese Länder ziehen Unternehmen oft durch folgende Faktoren an:

  • Wettbewerbsfähige Gesamtbesteuerung
  • Günstige Geschäftsumgebungen
  • Wirtschaftliche Attraktivitätsstrategien

Bemerkenswerte Länder-Besonderheiten

Deutschland: Das Referenzmodell

Deutschland mit seinem 19% Regelsteuersatz und 7% ermäßigten Satz beeinflusst oft europäische Entscheidungen in MwSt-Angelegenheiten.

Deutsche MwSt-Struktur:

  • Regelsteuersatz: 19% (die meisten Waren und Dienstleistungen)
  • Ermäßigter Satz: 7% (Lebensmittel, Bücher, öffentlicher Nahverkehr, Kultur)

Kleinunternehmerregelung:

  • Umsatzgrenze: Bis 22.000€ im Vorjahr und voraussichtlich nicht über 50.000€ im laufenden Jahr
  • MwSt-Befreiung: Keine MwSt-Ausweisung auf Rechnungen
  • Kein Vorsteuerabzug: Verzicht auf Vorsteuerabzugsberechtigung

Frankreich: Ein Vier-Sätze-System

  • Regelsteuersatz: 20%
  • Zwischensatz: 10% (Gastronomie, Transport)
  • Ermäßigter Satz: 5,5% (Lebensmittel, Bücher)
  • Super-ermäßigter Satz: 2,1% (Medikamente, Presse)

Dänemark: Einfachheit mit einem einzigen Satz

Dänemark wendet einen einzigen Satz von 25% auf alle Waren und Dienstleistungen an und vereinfacht damit die Verwaltung erheblich.

Spanien: Regionale Besonderheiten

  • Festland: 21% / 10% / 4%
  • Kanarische Inseln: IGIC (Impuesto General Indirecto Canario) mit 7%
  • Ceuta und Melilla: IPSI mit 10%

Österreich: Dreistufiges System

  • Regelsteuersatz: 20%
  • Ermäßigte Sätze: 10% (Lebensmittel, Bücher) und 13% (Kultur, Sport)

Auswirkungen auf europäische Unternehmen

Grenzüberschreitender Handel

Die Unterschiede bei den MwSt-Sätzen schaffen verschiedene Herausforderungen:

  1. Administrative Komplexität: Verwaltung mehrerer Sätze je nach Bestimmungsland
  2. Steueroptimierung: Von der MwSt beeinflusste Standortstrategien
  3. Regulatorische Compliance: Einhaltung der Verpflichtungen in jedem Mitgliedstaat

E-Commerce und MwSt

Seit Juli 2021 verlangen neue europäische Regeln für den elektronischen Handel:

  • Einheitliche Schwelle von 10.000€ für Fernabsatz
  • One Stop Shop (OSS) zur Vereinfachung der Meldungen
  • MwSt zum Satz des Bestimmungslandes für den Verbraucher

Jüngste Entwicklungen und Trends

Progressive Harmonisierung

Die Europäische Union arbeitet an mehreren Harmonisierungsprojekten:

  • Definitive MwSt: Abschaffung der aktuellen Übergangsregelung
  • Erhöhte Mindestsätze: Diskussionen über die Anhebung der 15%-Schwelle
  • Digitalisierung: Echtzeitdeklarationen (nach spanischem SII-Vorbild)

Herausforderungen nach dem Brexit

Der Austritt des Vereinigten Königreichs hat neue Probleme geschaffen:

  • Neue Zollformalitäten zwischen EU und UK
  • Einfuhr-MwSt für UK-EU-Handel
  • Nordirland-Protokoll mit spezifischen EU-Regeln

Praktische Fälle und Beispiele

Beispiel 1: Verkauf eines Produkts für 100€ netto

BestimmungslandMwSt-SatzBruttopreis
Luxemburg17%117€
Deutschland19%119€
Frankreich20%120€
Ungarn27%127€

Maximaler Unterschied: 10€ zwischen Luxemburg und Ungarn

Beispiel 2: Europäisches Restaurant

Für eine Mahlzeit zu 50€ netto:

LandAnwendbarer SatzEndpreis
Frankreich10%55€
Deutschland7%53,50€
Dänemark25%62,50€

Tools zur Berechnung der europäischen MwSt

Um Ihre MwSt-Berechnungen für verschiedene europäische Länder zu erleichtern, nutzen Sie unseren universellen MwSt-Rechner, der automatisch die Sätze aller Mitgliedsländer integriert.

Funktionen unseres Rechners:

  • Automatische Aktualisierung der europäischen Sätze
  • Multi-Währungsumrechnung
  • Berechnung von netto zu brutto und umgekehrt
  • Satz-Historie für Ihre Meldungen

Deutsche MwSt-Besonderheiten

Innergemeinschaftliche Lieferungen

Für Lieferungen zwischen EU-Ländern:

  • Steuerbefreiung im Versendungsland
  • Erwerberbesteuerung im Bestimmungsland
  • Zusammenfassende Meldung erforderlich

Reverse-Charge-Verfahren

Bei bestimmten Leistungen:

  • Leistungsempfänger schuldet die MwSt
  • Anwendung bei Bauleistungen, Gebäudereinigung, etc.
  • Vereinfachung für grenzüberschreitende Geschäfte

Elektronische Dienstleistungen

Seit 2015:

  • MwSt am Verbraucherort bei B2C-Geschäften
  • OSS-Verfahren zur Vereinfachung
  • Schwellenregelung abgeschafft

Häufig gestellte Fragen

Kann man in einem anderen EU-Land gezahlte MwSt zurückfordern?

Ja, dank des von der EU eingerichteten elektronischen Erstattungssystems können Unternehmen die in anderen Mitgliedstaaten gezahlte MwSt über ein dematerialisiertes Verfahren zurückfordern.

Wie verwaltet man die MwSt für ein Multi-Länder-Unternehmen?

Lösungsansätze umfassen:

  • MwSt-Registrierung in jedem Tätigkeitsland
  • Nutzung des OSS-Verfahrens für Online-Verkäufe
  • Spezialisierte Steuerberatung zur Strukturoptimierung

Wann gilt die MwSt des Bestimmungslandes?

Hauptsächlich für:

  • B2C-Verkäufe (Privatpersonen)
  • Elektronische Dienstleistungen
  • Fernabsätze über den Schwellenwerten

Zukunftsperspektiven

Verstärkte Harmonisierung

Die Europäische Kommission drängt auf:

  • Höhere Mindestsätze (Diskussionen über 18-20%)
  • Reduzierung nationaler Ausnahmen
  • Definitives MwSt-System bis 2028

Beschleunigte Digitalisierung

Trends umfassen:

  • Verallgemeinerte Echtzeitdeklarationen
  • Obligatorische elektronische Rechnungsstellung
  • KI und automatisierte Kontrollen der Verwaltungen

Fazit

Die MwSt-Unterschiede in Europa spiegeln nationale steuerliche Souveränitäten wider, während sie sich in einen harmonisierten Rahmen einfügen. Für Unternehmen ist das Verständnis dieser Unterschiede entscheidend, um:

  • Ihre Preise je nach Markt zu optimieren
  • Ihre Verpflichtungen in jedem Land zu erfüllen
  • Regulatorische Entwicklungen in Europa zu antizipieren

Die Zukunft tendiert zu verstärkter Harmonisierung, aber nationale Besonderheiten werden bestehen bleiben. Unternehmen müssen sich daher mit geeigneten Tools und spezialisierter Beratung ausstatten, um effektiv in dieser komplexen europäischen Steuerlandschaft zu navigieren.


Nutzen Sie unseren universellen MwSt-Rechner für alle Ihre europäischen Berechnungen und bleiben Sie über die neuesten steuerlichen Entwicklungen informiert, indem Sie unseren Newsletter abonnieren.

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